Einzelne Glaskünstler
aus dem Biedermeier, Historismus, Jugendstil und Art Déco

Anton Kothgasser
1769 Wien - 1851 Wien
von Dr. Antje M. Warthorst

Zum Biedermeier

Karl Ottmar Freiherr von Aretin schrieb bereits 1988 über den „Biedermeier und Vormärz“: „Für eine Zeit, in der Hegel seine Philosophie entwickelte, Alexander von Humboldt seine Entdeckungsreisen unternahm, der alternde Goethe lebte, Grillparzer seine Dramen schrieb und Franz Schubert komponierte, um nur diese Beispiele zu nennen, wäre es ein bisschen hart geurteilt“, würde man die über 30 friedlichen Jahre zwischen der napoleonischen Herrschaft und der Märzrevolution von 1848 als beschauliche, spießige Zeit ansehen. Zumal diese Idylle von vielen Beteiligten als Friedhofsruhe erlebt wurde. „Gemeint war [damit] das nach dem österreichischen Staatskanzler benannte Metternich’sche System, in dem alle auf Veränderung drängenden Kräfte unterdrückt wurden und eine engherzige Zensur die wunderlichsten Blüten trieb.“

Ob und inwiefern man Anton Kothgassers kunstvolle Becher als solch eine Blüte der Zensur bezeichnen kann, dies zu erörtern, erscheint mir eine lohnende Frage.

Anton Kothgasser

Lebensdaten:

 

geboren am 9. Januar 1769 in Wien

gestorben am 2. Juni 1851 ebenda

Porzellan- und Glasmaler

Nach der Ausbildung an der Wiener Akademie der bildenden Künste arbeitete Kothgasser von 1784 bis 1840 als Dessin- und Goldmaler in der Wiener Porzellanmanufaktur - ab 1812/13 vorwiegend auf Glas.

Denn aufgrund maltechnischer Neuerungen war es Anfang des 19. Jahrhunderts erstmals möglich, die zarte Porzellanmalerei auf das farblose Kristallglas zu übertragen und damit ganz neue visuelle Effekte zu erwirken.

Anton Kothgasser starb verarmt, wurde jedoch schon von seinen Zeitgenossen sehr dafür geschätzt, dass er relativ dickwandige, fast plump wirkende sog. Ranftbecher mit hervorragendem Blick für das Dekorative perfekt zu strukturieren wusste und mit detailliert gemalten Architekturen und Landschaften, minuziös gearbeiteten Porträts, hervorragend arrangierten Blumen- und Tierstücken sowie sinnhaften Allegorien geschmückt hat.

Noch vor dem aus Sachsen stammenden Gottlob Samuel Mohn (geb. 4.12.1789 in Weißenfels an der Saale, gest. 2.12.1825 in Laxenburg, Niederösterreich) gilt Anton Kothgasser als absoluter Meister dieser Maltechnik, auch wenn nur die wenigsten ihm heute zugeschriebenen Becher tatsächlich seiner Hand entstammen, sondern vielmehr als Arbeiten seiner Werkstatt zu bezeichnen sein dürften - sofern sie nicht gar in die Zeit des Neo-Biedermeier (zwischen 1900 und 1915) zu datieren sind.

Korrekte Zuschreibung

Die Beschäftigung mit den Bechern des Wiener Biedermeier wird seit weit über einhundert Jahren, also über den Zeitraum von knapp fünf Generationen von Kunstsammlern, -händlern und zuweilen auch -historikern dominiert von der Frage, ob ein Becher nun als eigenhändiges Werk des Glas- und Porzellanmalers Anton Kothgasser gelten kann oder nicht vielleicht doch von einem „Nachahmer“ stammt, also salopp formuliert, ob eine Zuschreibung an Kothgasser auch wirklich als „koscher“ gelten kann.

Meist wird dann auch nicht differenziert, ob ein solcher, sogenannter „falscher Kothgasser“ von einem weniger bedeutenden Zeitgenossen vor der Mitte des 19. Jahrhunderts stammt, von einem „Nachfolger“ aus dem späten 19. Jahrhundert datiert oder von einem „Kopisten“ aus dem nach 1900 zu datierenden Neo-Biedermeier bzw. nicht sogar von einem talentierten Glasmaler aus dem ausgehenden 20. Jahrhundert angefertigt worden ist.

Echt oder Falsch?

Zuletzt wurden diese Fragen - also: wann ein Becher und von wem genau er angefertigt worden sein soll - in der Monographie des Paul von Lichtenberg von 2009 in extenso durchexerziert - ohne dass daraus ein wirklicher kunsthistorischer Nutzen gezogen werden konnte.

Mag diese Scheuklappenperspektive eine für Händler und Sammler gerade noch akzeptable Verkürzung der Betrachtung sein – ein „echter“ Kothgasser kann locker einen fünfstelligen Betrag rechtfertigen, ein „falscher“ hingegen darf maximal im mittleren dreistelligen Eurobereich liegen -, für eine kunsthistorische Einordnung dieses luxuriösen Modeartikels aus der Zeit des Wiener Kongresses greift sie viel zu kurz.

Bei den Bechern aus der Werkstatt der Familie Mohn differiert die Forschungslage übrigens auffallend. Hier wurde die Zuschreibungsdebatte bislang deutlich entspannter geführt, vermutlich da viele der in Frage kommenden Becher signiert und datiert sind.

Verzeichnis und Statisktik 

Basierend auf intensiven Recherchen wurde hier erstmals ein umfassend angelegter Zusammentrag aller in Museen, Privatbesitz sowie im Handel aufgetauchter bemalter Becher unternommen.

Ergänzt wurden diese Ergebnisse durch das Privatarchiv von Walter Spiegl, dessen jahrelangen Forschungen und Publikationen zum Biedermeier-Glas geradezu legendär geworden sind.

Mit Hilfe dieses großzügigen Vorlasses ist ein einzigartiges Verzeichnis entstanden, das erstmals Auskunft über modische Vorlieben und einen Einblick ist die Produktion der beliebten Biedermeierbecher erlauben.

 

Jean Beck
1862 Mettlach - 1938 München
von Otto F. Götz

Der frühe Jean Beck

Jean Beck war vom Historismus bis in die Zwanziger Jahre des 20. Jahrhundert ein Entwerfer für Keramik und Glas.

Mit seinen Entwürfen hat Beck zu Beginn des 20. Jahrhunderts jenes denkbare Abschweifen ins Lokalkolorit vermieden, er wird zum formalästhetischen Wegbereiter der gestalterischen Moderne.

Mit seinen klaren, schlichten Formen erreichte er den Stand industrieller Fertigung, seine Kunst wird bezahlbar, er läutet das Ende elitärer Einzelobjekte ein.

Sein Dekor öffnet sich und beeinflusst die internationale Sprache der schmückenden Gestaltung.

Glas und Keramik

Der "Musterzeichner" Jean Beck wurde einmal als ein "Kind der Mettlacher Keramikfabrik" Villeroy und Boch beschrieben, dem es gelungen ist, den "Weg aus der Anonymität" eines in der Fabrik angestellten "Gewerbezeichners" zu finden und zu einem Produktgestalter für Glas und Keramik zu werden. Und dies, nahezu ohne engen Kontakt mit den Künstlern-Gestaltern der Reformbewegungen.

In seiner Münchner "Kunst und kunstgewerblichen Anstalt für die keramische und Glasbranche" verwirklichte er Entwürfe für Porzellan, Steingut, Majolika, für Mosaiken, Wandplatten, Glasmalereien, Ätzungen, Kunstverglasungen, graphische Arbeiten und vieles mehr.

Jean Beck ist zu allererst ein Keramiker. Dieses Material hat ihn geprägt und ihn umgeben seit der Kindheit. Später wandelte sich seine Vorliebe hin zum Glas - keramisches Denken und Entwürfe für dieses Material gab er nie auf.

 

Lust an Farbe

Beck hat bereits um 1900 ein gefestigtes Programm an Gläsern entworfen, angeboten und dabei bereits seine eigene Handschrift gefunden, obwohl die Objekte sich deutlich voneinander absetzen, sowohl in Gestalt, Farbigkeit und Schmuck.

In der unterschiedlichen Beschaffenheit der Gläser zeigt sich sehr deutlich der Weg Becks in die Moderne: er entdeckt nicht eine Lücke, die zu besetzen wäre, er ist voller bislang ungedachter Ideen, wie Glas auszusehen hätte.

Es gibt immer wieder die Behauptung eines angeblichen Einflusses der Wiener Modern auf Beck. Die Zeitschiene spricht eine andere Sprache: Beck war früher.

Dass er mit dieser Einstellung selber zu einem künstlerischen Unikat wurde, störte ihn nicht. Beck war immer eine auf sich selbst gestellte Persönlichkeit, welche die Ansprüche der Zeit ans Design durch seine Lösungen erfüllen konnte.

Produzenten von Beck 

Jean Beck kam aus einer kinderreichen Familie in Mettlach. Nach seiner Grundausbildung als Maler konnte er mit Hilfe von Villeroy & Boch in München studieren. Zunächst kam er als Obermaler nach Mettlach zurück, studierte dann erneut in München und ging dann für zwei Jahre nach Paris auf die dortige Kunstakademie.

Spätere Arbeitgeber und Partner waren im Bereich der Keramik: Lipp / Schwandorf / Villeroy & Boch / Wächtersbach / Mettlach.

Im Glas: Poschinger / Gistl / Schliersee

Und im weiterbearbeitenden Gewerbe: Kayserzinn / Deusch / Spahr.

Sammlung und Archiv

Obwohl Jean Becks Werke im Kunsthandel weit verbreitet sind, waren seine Objekte kaum Gegenstand der Forschung.

Das Wenige, was an Texten, Zeichnungen, Belegen und Veröffentlichungen von ihm erhalten geblieben ist, lag verstreut und ungeordnet in Archiven und Bibliotheken.

Diese Situation änderte sich erst mit der Sammler- und Forschertätigkeit von Otto F. Götz, der einerseits eine umfassende Sammlung an Objekten zusammengetragen hat, andererseits alle bekannten Dokumente und greifbaren Quellen mit viel Energie durchforstet hat.

Diese Seite entstand gemeinsam mit dem Jean Beck-Archiv - mehr dazu unter http://www.jeanbeck.de/

Georg Carl Reichenbach
1872 München - 1940 Nussdorf / Inn
von Otto F. Götz

Neues Glas

Viele der Gläser von Georg Carl Reichenbach sind Einzelstücke. Aber es gibt auch in Serienfertigung entstandene gestielte Weingläser, Schalen, Salzstreuer usw. so daß eine größere Auflage angenommen werden kann.

Auf der Bayerischen Gewerbeschau in Nürnberg 1906 wurden Gläser aus dieser Produktion gezeigt, ebenso wie "umsponnene" Schalen mit Cabochons.

Für die Geschichte des modernen Glases bedeutet dies, dass um 1907 in München ein Künstler tätig war, xer jenseits von Unikaten gezielt die Fertigung in höherer Auflage von Gebrauchsglas betrieb.

Künstler ohne Adelstitel

Geboren als Georg Carl von Reichenbach nannte er sich selbst "Irgl", wohl abgeleitet von Georg (bayrisch: Girgl). Mit diesem Namen versah er alle seine Papieraufkleber.

Unruhe war wohl immer das Prägendste im Leben dieses Mannes, denn zusammen mit seinem Bruder Konstantin legte er aus Protest gegen die adelige Verwandtschaft 1899 den Adelstitel ab.

Gelernt hat er zunächst an der Münchner Kunstgewerbeschule und ab 1905 bis 1912 an der berühmten Debschtitz-Schule.

Von Reichenbach gibt es keine Dokumente. In der Familie wird berichtet, dass er sich zu dieser Zeit länger auch in Oberzwieselau aufgehalten hat, um in der auf Jugendstilglas spezialisierten Hütte des Benedikt von Poschinger das Glasmacherhandwerk kennenzulernen.

Trinkgläser

Zu einer Zeit, als der edle Geschmack noch tief im Historismus verwurzelt war, gab es in München drei Künstler, die in einer anderen Zeit angekommen waren, über den Jugendstil hinweg in der Neuen Sachlichkeit der Moderne: Karl Schmoll von Eisenwerth, Jean Beck und Georg Carl Reichenbach.

Neues, bisher nie Gesehenes, galt es zu erfinden. Der florale Jugendstil feierte zwar noch Triumphe - die Kraft war ihm jedoch verloren gegangen. Das Althergebrachte wich der noch nicht definierten Idee, wie die Dinge aussehen sollten. Alles war im Fluss, beeinflussbar, nicht vorhersehbar, die Wirtschaftlichkeit unkalkulierbar.

Folgende Fragen wurden diskutiert: Für wen arbeiten wir? Wer soll das bezahlen, was wir erschaffen? Und wenn unsere Schule vom Staat unterstütz wird, gehört dann das Produkt nicht auch dem Volke?

So wurden damals aus reinen Künstlern, moderne Entwerfer und Anbieter ihrer angewandten Kunst.

Vasen und Krüge

Einige von Reichenbach in Glas umgesetzte Entwürfe tauchten auf der Münchner Ausstellung der Debschitz-Schule 1906 und auf der Münchner Gewerbeschau 1912 auf: Sie alle vereinen einfache, oft schwer wirkende Grundformen mit leichtem, elegantem Schmuck ohne jede Konzession an Modisches.

Das Glas wird durch spezielle technische Eingriffe während der Herstellung zu Blasenglas oder durch Zufügen von Farbglas zu ganz neuer Optik verwandelt.

Etwas später entstehen, basierend auf bekannter Grundform, in reinem Kristallglas zarte und elegante Trinkgläser, nach dem Prinzip: Schale, Zylinder, Fuß.

In einer weiteren Phase der Entwicklung lässt sich Reichenbach vom verspielten venezianischen Stil anregen: d9e Oberflächen tragen nun auch Kammzug-Dekor.

Möbel und anderes

Reichenbach war universell ausgebildeter Kunsthandwerker. Daher trat er zu dieser Zeit auch als Möbelentwerfer und als Gestalter von Innendekorationen auf - ganz im Sinn der revolutionären Debschitz-Schule.

Es gibt Fotos, die zwischen 1908 und 1911 für eine Verkaufsausstellung der "Tegernseer Werkstatt für angewandte Kunst Irgl Reichenbach Tegernsee Rosenstr." entstanden sind.

In diesem Angebot gibt es eine besondere Rarität: die schön drapierten Gläser sind allesamt mit Preisangaben versehen - erstaunlich zu dieser Zeit und für die Forschung heute ein wertvoller Schatz.

Angewandte Kunst

Zwischen 1906 und 1907 entstand eine Serie von Vignetten und Exlibris - ganz dem verspielten Jugendstil verpflichtet.

1914 meldete sich Reichenbach mit 42 Jahren freiwillig zum Militärdienst.

Aus dem Ersten Weltkrieg kam dann ein Anderer zurück.

Seine verheißungsvolle Karriere als Entwerfer von wunderschönem, fantasievollem, zerbrechlichem Glas war vorbei.

Er fertigte anschließend keinen einzigen Entwurf mehr. Reichenbach schwieg seither.

Auch unglaublich: Diese Künstlerkarriere dauerte nicht einmal ein Jahrzehnt.

Diese Seite entstand in freundschaftlicher Zusammenarbeit mit dem erst jüngst gegründeten "Archiv Georg Carl Reichenbach" des Otto F. Götz, München.

Das Archiv steht in engem Kontakt mit den Nachfahren des Entwerfers, ohne deren wichtige Informationen und des in ihrem Besitz befindlichen Quellenmaterials wir immer noch kaum etwas von diesem einzigartigen Künstler des deutschen Jugendstils wüssten.

Alexander Pfohl
1894 Haida (heute: Nový Bor) - 1953 Hadamar
von Angelika Krombach

Die Glasmacherfamilie Pfohl

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Mit der Bitte um Nachsicht.

Alexander Pfohl

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Glasfachschule Hadamar

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Entwürfe und Gläser

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Nachlass und Familienchronik

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mehr dazu unter Pfohl-Gläser Alexander Pfohl böhmisches Glas (pfohl-glaeser.com)

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