Glas
Geschichte und Material

Frühzeit bis Gegenwart

Die Produktion von Glas fand über viele Jahrhunderte hinweg weit entfernt von den Metropolen statt. Um die hohen Temperaturen bei der Herstellung zu erreichen, braucht man heute wie damals viel Energie. Früher gewann man diese über das Holz in den Wäldern. Heute nutzt man dazu die fossilen Brennstoffe Öl, Gas, Kohle.

Da das Glasblasen nicht ohne offenes Feuer funktioniert, stellte die Brandgefahr ein weiteres Problem der Glasherstellung dar. Insofern war man froh, wenn die Glashütten nicht in der Nähe von Siedlungen arbeiteten – oder wie im Falle von Venedig auf der Insel Murano.

Das aber wiederum verursachte Probleme beim Transport. Denn für den Transport auf den langen Fernhandelswegen musste Hohlglas gut gepolstert sein. In Tragen auf dem Rücken und mit schlecht gefederten Kutschen, Wagen, Eisenbahnen oder Schiffen galt es große Distanzen zu überwinden um die kostspielige Ware von den wenigen vorhandenen Produktionsstätten zu den Händlern, Verkaufsstellen, Messen oder privaten Empfängern in aller Welt zu bringen.

Europäisches Glas

Auf dem europäischen Kontinent wurde Glas - einfaches und anspruchsvolleres Gebrauchsglas ebenso, wie kostbare Prunkstücke - in unzähligen kleinen Hütten hergestellt. Im Barock hatte nahezu jedes größere Herrscherhaus seine eigene Glashütte. Sie gingen einerseits auf die lokalen Gewohnheiten oder Besonderheiten ein - etwa Getränkevorlieben, Trinksitten oder Badekultur. Andererseits nahmen sie auch fremde Formen ins eigene Repertoire auf, wie etwa die beliebten Spitz- und Perlenkelche eindrucksvoll belegen, die bei weitem nicht alle aus Lauenstein stammten, sondern zum Beispiel auch in den Produktionsunterlagen einer norwegische Hütte aus dem Jahr 1763 nachzuweisen sind.

Die Gründung der Nationalstaaten und die beginnende Industrialisierung während des 19. Jahrhunderts wirkten daher auch auf die Glasbranche. Aus einer ehemals in zahllose, weitverstreute, kleine Glashütten verzweigten Produktionstradition gingen wenige große Hütten hervor. Aufgrund ihres wirtschaftlichen Erfolges konnten sie nicht nur den Verkauf, sondern auch ihre Produktion ausdehnen.

Die verbliebenen Hütten, die sich an einzelnen Standorten konzentrierten, hatten aber nicht nur ein wirtschaftlich größeres Einzugsgebiet, sondern auch einen weitreichenderen künstlerischen Einfluss.

Um 1900 kam das kostbare Gebrauchsglas vor allem aus Österreich, Deutschland und Frankreich, aber auch Italien, Holland, England und Skandinavien hatten qualitätvolle Produktionsstätten. Nach dem Ersten Weltkrieg und dem Zerfall der Donaumonarchie kam die Tschechoslowakei als weiterer Glaslieferant hinzu.

Anspruchsvolles Material

Je älter und wertvoller die Stücke sind, desto mehr spielen auch beim Glas das Thema Sonnenlicht und Wasser eine zunehmende Rolle. Besondere Vorsicht im Umgang ist da selbstverständlich.

Denn es gibt das weit verbreitete Phänomen der sogenannten „Glaskrankheit“ – auch „Glaspest“ „Glasrost“ oder „Glaskorrosion“ genannt. Dabei handelt es sich um eine nicht mehr rückgängig zu machende, strukturelle Veränderung des Materials, um einen chemischen oder physikalischen Zerfallsprozess aufgrund falscher Behandlung.

Als toxisch für die Oberfläche wirken dabei weiches Wasser, hohe Temperaturen in Kombination mit langen Spülvorgängen. Ein absolutes No-Go ist daher natürlich die Reinigung in der Spülmaschine.

Bei veredeltem Glas – egal ob warm oder kalt veredelt - können durch mechanische Fehlbehandlung außerdem die aufgetragenen Substanzen, Farben oder Schichten abgetragen werden. Ein Verlust der gleichfalls irreversibel ist und sich empfindlich auf den Wert auswirkt.

Aufwendige Technik

Seit dem Klassizismus gibt es zwei Tendenzen im Glas: Einmal das farblose Kristallglas, dessen klare Transparenz meist durch Schliff noch an Brillanz gesteigert werden sollte; zum anderen das in der Masse gefärbte Glas, das - wie bei den Hyalith- oder Lithyalingläsern des Biedermeier - den Charakter von Halbedelsteinen oder Porzellan annehmen konnte.

Das Glas des Jugendstil steht ganz in dieser Tradition der Nachahmung, vor allem das Opalglas der Firmen Daum und Gallé, aber auch bei Lötz Witwe. Ergänzt wurden Farb- und Kristallgläser auch gerne durch punktuelle Farbglaseinschmelzungen, die im Falle der Cabochontechnik, den Eindruck von kleinen, wertvollen Edelsteineinschlüssen beabsichtigten.

Diese Faktoren Transparenz und Hygiene konterkariert das farbige, opake und stark reliefierte Überfangglas, wie es für die Zier- und Prunkstücke entwickelt wurde.

Konkurenzdruck

Kontinuierlich wird außerdem der Wert und die Besonderheit des Glases aus der Zeit des Jugendstil gerne durch den Hinweis auf die Verwendung neuer Materialien erklärt. Erinnert sie etwa an Tiffanys „Favrile Glass“, Pulverein- oder aufschmelzungen, sowie Pâte de Verre. Oder an die Erfindung neuer technischer Herstellungsverfahren, wie etwa das Eisglas, der Kammzug, Krösel, Lüster oder die Reliefätzung. Auch das ist natürlich Unsinn.

Nicht zuletzt im bereits 1981 erschienenen Buch „Historismus“ von Barbara Mundt kann man nachlesen, dass alle im Jugendstil üblichen Verfahren - Transparentemail, Farbüberfang, Farbbeizen, Ätzen, Irisieren, Eis- und Pressglas - bereits im 19. Jahrhundert bekannt waren und praktiziert wurden.

Lediglich befreit von zwingenden historischen Formvorlagen, beflügelt von einer Freude am Experimentieren sowie angetrieben durch den stetig wachsenden ökonomischen Konkurrenzdruck, der zur Rationalisierung in der Herstellung zwang, trieben die Glaskünstler und Glasfabriken des Jugendstil all diese Verfahren gemeinsam immer weiter voran und kamen schließlich zu ganz erstaunlichen und äußerst reizvollen Ergebnissen.

Gefahren für Glas

Kunst aus Glas ist trotz dieser Gefahren, im Gegensatz etwa zur lichtempfindlichen Graphik, dennoch relativ anspruchslos in der Pflege, stellt aber aufgrund der Zerbrechlichkeit des Ausgangsmaterials eine besondere Herausforderung für seine Besitzer dar. Daher bedeuten jeder Kratzer, jede noch so kleine Absplitterung einen enormen Wertverlust.

Aber auch das moderne Glas nimmt eine allzu robuste Handhabung, etwa beim Einwickeln in Zeitungspapier, übel – wegen des harten Papiers, vor allem aber wegen der Druckerschwärze.

Kunststoffverpackung oder Plastikfolien sind wegen der enthaltenen Weichmacher für eine lange Lagerung von Glas ebenfalls keine gute Idee. Wer sich schon einmal über unbrauchbar gewordene Fernbedienungen oder klebrige Kunststoffteile an Schirmgriffen, Tastaturen oder sonstigen Alltagsgegenständen gewundert hat, weiß sicher wovon die Rede ist. 

Angeraten für Pflege, Transport und Lagerung sind hingegen säurefreies Papier und weiche Baumwoll- oder Leinenstoffe. Geht es um das Ausstopfen von Hohlräumen, sind seit jeher Holzspäne das Mittel der Wahl.

© Dr. Warthorst, Konstanz. Alle Rechte vorbehalten.

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